Gitta telefoniert mit mir. Ihr 8-jähriger Sohn hat schweres Asthma und sie möchte das gern aufstellen.
Sie weiß, dass Aufsteller normalerweise nicht mit Kindern in Aufstellungen arbeiten.
„Aber warum eigentlich?“, fragt sie neugierig.
Grundsätzlich ist es immer besser, wenn derjenige, um den es geht, selbst eine Aufstellung will und bei ihr dabei ist.
Es gilt der Grundsatz, dass jeder sein Schicksal selbst trägt und auch tragen muss.
Es gibt aber Ausnahmen.
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Kinder
Es gibt zwar keine festgelegte Altersgrenze, aber in den Aufstellerkreisen, in denen ich verkehre, herrscht eine ungefähre Übereinstimmung, dass Kinder erst ab ca. 14 Jahren an einer Aufstellung teilnehmen sollten.
Das liegt zum Einen daran, dass in Aufstellungen gewaltige Kräfte, Emotionen und Schicksale wirken, die ein junger Mensch nur schwer einordnen kann.
Es würde ein Kind schlicht überfordern, in Aufstellungen Kriegsgeschehen, Missbrauch und Schwarzer Magie zu begegnen.
Zum Anderen sind die meisten Kinder bis zur Pubertät so stark in die Schicksale der Eltern mit einverwoben, dass sie gar nicht die wirklichen ‚Schicksalsträger‘ sind.
Nach meiner Erfahrung liegen die angeblichen Probleme des Kindes (unter 14) zu über 90 % bei den Eltern oder im Familiensystem begründet.
Dann nochmals Einflüsse von außerhalb des Systems und ein ganz verschwindend kleiner Rest ist tatsächlich auf das Kind selbst zurückzuführen.
Und auch hier können die Eltern zumeist stellvertretend für das Kind an sich im Hinblick auf das Kind arbeiten.
Ich persönlich fände es gut, wenn die Eltern dem Kind sagen, dass sie für es eine Aufstellung machen, ohne ihnen Details zu verraten.
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Kranke oder körperlich Behinderte
Manchmal kommt es vor, dass ein Kranker jemanden bittet, für ihn eine Aufstellung zu machen, weil er selbst nicht dabei sein kann.
In diesem Fall würde ich als Aufsteller zuerst ein Vorgespräch mit dem Kranken machen, um sicherzugehen, dass es sein tatsächlicher Wille ist.
Ist es so, kann der Kranke rein praktisch z. B. seiner Frau symbolisch Energie geben (über Berührung), damit sie damit in die Aufstellung geht und für ihn das Anliegen vorträgt und Stellvertreter auswählen kann.
Nach der Aufstellung kann sie ihm von der Aufstellung erzählen und ihm die Erfahrungen über eine symbolische Berührung übergeben.
Das kann sehr gute Effekte haben.
Mir ist ein Fall bekannt, dass ein bettlägeriger Mann, der an ein Beatmungsgerät angeschlossen war, nach einer Aufstellung, die seine Frau für ihn mit seinem Einverständnis durchgeführt hatte, bald darauf kein Beatmungsgerät mehr brauchte und gesundheitlich bedeutsame Fortschritte machte.
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Geistig-Behinderte
So sehr uns der Anblick und das Schicksal eines mit uns verwandten, Geistig-Behinderten schmerzen mag, so steht es uns grundsätzlich nicht zu, sich in sein Schicksal einzumischen.
Tatsächlich sind viele geistig Behinderte glücklich in ihrem Leben und müssen nicht ‚geheilt‘ werden.
Aber auch bei den Leidenden unter ihnen sollten wir uns immer die Frage stellen, ob es nicht unser eigenes Leid ist, sie so zu sehen, das uns antreibt, ihnen mit einer Aufstellung helfen zu wollen.
Es kommt hier sehr auf den Aufsteller an, ob er überhaupt bereit ist, damit zu arbeiten.
Ich persönlich stelle mir diese Frage dann innerlich und arbeite dann nur, wenn ich ein klares, inneres JA dazu bekomme.
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Komapatienten
Auch bei Komapatienten stelle ich mir die Frage innerlich, ob ich mit ihm arbeiten darf und arbeite dann auch nur, wenn ich ein klares, inneres JA dazu bekomme.
Das kann für den Ehemann einer im Wachkoma liegenden Frau schmerzhaft sein, eine Ablehnung zu bekommen, aber es gibt genug Aufsteller, sodass er vielleicht einen findet, der zu einer Aufstellung bereit ist.
Ich bin sehr vorsichtig damit, ohne Erlaubnis in das Schicksal einzugreifen und kann das nur anraten zu beachten.
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Andere Menschen
Eine Aufstellung für oder über jemand anderen ohne dessen Einverständnis zu machen ist ansonsten ein schwerwiegender Eingriff in die Intimsphäre eines anderen Menschen und hat für mich den Charakter des Ausspionierens.
Wie sieht es aber aus, wenn dich z. B. dein/e beste/r Freund/in bittet, für ihn/sie aufzustellen?
Ehrlich gesagt: tu es nicht!
Du wirst damit in etwas hineingezogen, was dich gar nichts angeht.
Nämlich ein fremdes Familiensystem mit seinen Schicksalen, Macken und Geheimnissen.
Besser du begleitest deine/n beste/n Freund/in zu der Aufstellung und bist für ihn da.
In Gittas Fall vom Anfang kam es ohne den kleinen Max zu einer bewegenden Aufstellung, in der sich zeigte, dass Max mit einem zu Unrecht zum Tode durch Erhängen verurteilten Vorfahren verbunden war.
Sein Asthma wies auf den Todeskampf am Galgen des Vorfahren hin.
Als wir das Unrecht auflösen und Max aus der Identifizierung mit dem Vorfahren herausbringen konnten, besserte sich sein Asthma von Woche zu Woche.
Heute braucht er nur noch selten sein Asthmaspray.
Gitta erzählte ihrem Sohn übrigens nichts über die Aufstellung.
„Das Schlimme hier braucht Max nicht zu wissen, Hauptsache es wirkt!“, verkündete sie ganz pragmatisch am Ende der Aufstellung.
Sie hat recht behalten.
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