„Also öfter fühle ich mich wie fremdgesteuert: z. B. da kaufe ich etwas und weiß dann später gar nicht, warum und wofür ich das brauchen soll …“
„Passiert dir das nur, wenn du allein einkaufst oder auch, wenn du mit anderen einkaufst?“
„Jetzt wo du es fragst: nur wenn ich allein bin …“
„OK, weißt du, wann das angefangen hat oder war das schon immer so, Marlene?“
„Es kommt mir so vor, als sei das schon immer so gewesen …“
Anhaftungen, Besetzungen und verlorene oder unerlöste Seelen
Eine Vorwarnung vorweg: mit diesem Artikel verlassen wir ganz die wissenschaftliche Welt und begeben uns in die Gebiete von Esoterik und Spiritualität. Prüfe für dich selbst, ob du diesen Erklärungen folgen oder als Spinnerei abtun willst.
Wenn ein Mensch unerwartet oder sehr plötzlich stirbt (z. B. durch einen Unfall), kann es passieren, dass die Seele es nicht bis in das Reich der Toten schafft. Sie landet dann in einer Art Zwischenreich zwischen Leben und Tod. Doch nicht nur diese Seelen bleiben unerlöst oder verloren. Manche Menschen können überhaupt nicht loslassen, sogar nicht ihr Leben nach dem Tod. Starke Ambitionen gepaart mit einem sehr entschlossenen Geist können dazu führen, dass die Seele nach dem Tod dieses Menschen ebenfalls im Zwischenreich stecken bleibt. Als letzte Gruppe befinden sich dort auch Seelen, die eine „offene Rechnung“ mit einem Menschen haben und deshalb nicht gehen können oder wollen. Dazu gehören auch Opfer, deren Schicksal noch gewürdigt werden muss.
Manchmal ist es auch umgekehrt: ein Mensch hält eine Seele aktiv davon ab, ins Reich der Toten zu gelangen, weil er sie noch nicht loslassen kann. Dies sei in diesem Artikel nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
All diese unerlösten Seelen können sich an bestimmte Menschen entweder „anhaften“ oder diese sogar „besetzen“.
Als Voraussetzung erfüllen diese bestimmten Menschen, die passiv von unerlösten Seelen begleitet werden, ein oder mehrere Kriterien der folgenden Liste:
– Ich-Schwäche
– fehlende Fähigkeit zur Abgrenzung
– schwaches Energiefeld
– Aura-Löcher
– altruistische Charakterprägung
– fehlender Lebenssinn
– leicht zu beeindrucken
– überstarkes Harmoniebedürfnis
– übergroßes Mitgefühl
– (Lust an und) Faszination für den Tod, das Dunkle, das Abgründige, Schwarze Magie …
– ein direkter Resonanzboden mit genau dieser unerlösten Seele (meist familiär-systemische Verbundenheit im Kontext des Ausgleichs des Familiengewissens)
Eine generelle Ich-Schwäche, die oft infolge eines Traumas auftritt, kann auf vagabundierende, unerlöste Seelen wie eine direkte Einladung sein, sich bei diesen Menschen „einzuklinken“. Der Mensch mit fehlender Fähigkeit zur Abgrenzung kann einer verlorenen Seele nichts entgegensetzen, ebenso ist es bei einem schwachen Energiefeld. Aura-Löcher bei ansonsten stark erscheinenden Menschen sind Einfallstore für unerlöste Seelen. Eine altruistische Charakterprägung führt durch die Selbstlosigkeit zu unbewussten Einladungen, den Körper/die Lebensenergie zu teilen mit jedem, der da kommen mag. Ähnliches geschieht bei übergroßem Mitgefühl. Anders ist es bei überstarkem Harmoniebedürfnis: hier wird einem Plagegeist (unerlöste Seele) klein beigegeben, um wieder Harmonie zu erleben. Ist jemand leicht zu beeindrucken, öffnen sich die inneren Grenzen zu leicht, sodass eine unerlöste Seele unbemerkt hindurchschlüpfen und sich einnisten kann. Der fehlende Lebenssinn setzt durch das Gefühl einer allgemeinen Gleichgültigkeit einem Einnistungsversuch einer unerlösten Seele nichts entgegen.
Die Menschen mit Hang zu Tod, Dunklem, Abgründigen und Schwarzer Magie werden meist von Faszination, Lust und Machtstreben gelenkt, sich bewusst oder unbewusst für unerlöste Seelen zu öffnen. Hier passiert es dann, dass man die Geister, die man rief, nicht mehr los wird …
Wie sich unerlöste Seelen in Aufstellungen zeigen
Unerlöste Seelen verbreiten eine ungute Atmosphäre in der Aufstellung. Aufgestellte Stellvertreter von Toten erscheinen quicklebendig und haben oft noch Ziele oder Handlungen, die sie unbedingt ausführen wollen. Bei meinem Ausbilder Wolfgang Bracht erscheint bei unerlösten Seelen plötzlich ein Tinnitus im Ohr, manchmal nur einseitig, sodass er auf das Thema vorbereitet ist.
Anhaftende Seelen stehen in Aufstellungen oft hinter dem Betroffenen, sodass sie außerhalb seines Blickfeldes sind. Bei Besetzungen stehen die Stellvertreter für die unerlösten Seelen meist seitlich oder vor dem Betroffenen. Eine generelle Regel kann man daraus aber nicht ableiten.
Lösung, Auflösung und Erlösung
Wichtig ist immer abzuprüfen, ob die unerlöste Seele überhaupt weiß, dass sie tot ist. Nicht jede unerlöste Seele ist absichtlich beim Betroffenen oder führt Böses im Schilde. Z. B. kann ein Ich-schwacher Mensch unerlöste Seelen wie ein Magnet anziehen, bzw. wie ein Staubsauger aufsaugen. Wenn der unerlösten Seele aber klar gemacht wurde, dass sie tot ist, kann sie oft von selbst dann in das Reich der Toten finden.
Bei Menschen, die weder einen Hang zu Tod, Schwarzer Magie etc. noch einen familiär-systemischen Resonanzboden haben, gilt es an der Persönlichkeitsstruktur zu arbeiten. Sonst geschieht es leicht, dass man die eine unerlöste Seele ins Licht führt und im nächsten Monat der Klient mit der nächsten unerlösten Seele in die Aufstellung kommt. Diese Arbeit an dem Menschen braucht auch Zeit und Geduld, da im Hintergrund oft (unentdeckte) Traumata wirken.
Wenn es einen Grund(Auftrag) gibt, warum die unerlöste Seele noch hier ist, gilt es, diesen zu finden und eventuell zu lösen. Wenn das nicht ohne Weiteres möglich ist, kann hier auch mit Abgrenzungsunterstützung und Ressourcen gearbeitet werden – jedoch ist dies immer der schlechtere Weg und kann irgendwann zu einem Rückfall führen.
Ein Sonderfall stellt der familiär-systemische Resonanzboden dar. Oft ist dies gepaart mit einem Familiengeheimnis. Es wäre sehr gut für den Betroffenen und sein ganzes System, wenn es hier zu einer Erlösung kommt. Hat der Betroffene dazu nicht die rechte Lust und Ausdauer und man arbeitet mit Abgrenzung, wird die unerlöste Seele unweigerlich bei einem anderen Familienmitglied andocken, vornehmlich den Kindern – so vorhanden. Trotzdem unterliegen wir alle der freien Entscheidung, ob wir uns für unser Familiensystem einsetzen und niemand sollte verurteilt werden, wenn er dazu nicht bereit ist.
Den Menschen, die einen Hang zum Dunklen, dem Tod und Schwarzer Magie haben, kann man dadurch helfen, dass sie ins Mitgefühl kommen (über Herzöffnung). Oft können diese Menschen dann unerlösten Seelen besonders gut helfen, ins Licht bzw. ins Reich der Toten zu gelangen.
Marlenes Aufstellung
Bei Marlene greifen wir ihr Beispiel vom Einkaufen auf, um einen Zugriff auf ihre Thematik zu bekommen. Ich bat sie, den Grund für den Fehleinkauf ebenfalls mit in die Aufstellung zu stellen.
Abbildung 1: Anfangsbild
M=Marlene, E=Einkauf, uS=unerlöste Seele (zuerst Grund für Fehlkauf)
Als Marlene den Grund für den Fehlkauf (eine Frau als Stellvertreterin) hinter ihre Stellvertreterin stellt, entsteht eine düstere Atmosphäre im Raum. Die Stellvertreterin fühlt sich sichtlich unwohl. Der Einkauf ist neutral.
Ich frage Marlene selbst, ob sie schon Ressourcen hat. Sie benennt ihren Großvater mütterlicherseits, der sich als stabile Ressource in diesem Fall erweist.
Dann lasse ich Marlene mit der Ressource im Rücken sich mit dem Grund, der sich als unerlöste Seele entpuppt, begegnen.
Abbildung 2: Zwischenbild
M=Marlene, R=Ressource (=Großvater), uS=unerlöste Seele (zuerst Grund für Fehlkauf)
L=Leiter der Aufstellung
L(zu M): Geht es so bei dir? Kannst du das aushalten?
M: Ja …
L(zu M): Gut. Ich werde mich jetzt mit der unerlösten Seele beschäftigen und komme dann wieder zu dir, OK?
M: Ja …
L(zu uS): Warum bist du bei Marlene?
uS: Ich fühle mich wohl bei ihr.
L(zu uS): OK. Weißt du, dass du tot bist?
uS: Ich glaube ja.
L(zu uS): Ja oder nein!
uS: Mmhh … ja.
L(zu M): Sag ihr mal „Du bist tot!“
M (zu uS): Du bist tot!
L(zu uS): Kommt das bei dir an?
uS: Ja.
L(zu uS): Was machst du dann noch hier bei Marlene?
uS: Bei ihr ist es schön. Sie macht schöne Dinge … ich lasse sie schöne Dinge machen …
L(zu uS): OK. Lebst du vielleicht durch sie?
uS: Mmmhh … ja, schon.
L(zu M): Wie ist das für dich, dass die unerlöste Seele durch dich lebt?
M: Blöd. Ich fühle mich manipuliert.
L(zu M): OK. Sag das der unerlösten Seele mal!
M (zu uS): Ich fühle mich manipuliert und ausgenutzt von dir!
uS (zu M): Aber es hat dir doch auch Spaß gemacht!
M (zu uS): Na und! Ich möchte ich selber sein.
L(zu M): Sehr gut! Bitte sie zu gehen!
M (zu uS): Geh jetzt bitte und lass mich in Ruhe!
uS: Nein … ich will nicht.
L(zu M Klientin): OK. Lass uns mal ein Experiment machen. Stell mal den Engel des Todes in die Aufstellung.
Abbildung 3: Endbild
M=Marlene, R=Ressource (=Großvater), uS=unerlöste Seele (zuerst Grund für Fehlkauf), EdT=Engel des Todes
L(zu EdT): Sag ihr mal, dass sie tot ist und du sie jetzt mitnimmst ins Reich der Toten.
Der Engel des Todes sagt es. Die unerlöste Seele, die bisher aufrecht und stur dagestanden hat, sackt etwas in sich zusammen.
Der Engel des Todes fasst die unerlöste Seele sanft aber bestimmt am Arm und führt sie aus dem Stuhlkreis heraus – sogar durch die Tür und schließt sie hinter sich.
Marlene und auch ihre Stellvertreterin in der Aufstellung atmen beide auf. Die Atmosphäre im Raum wird friedlich.
Wir beenden die Aufstellung, nachdem ich mich versicherte, dass es bei der unerlösten Seele keinen Impuls gab zurückzukommen.
Nachbetrachtung
Die unerlöste Seele konnte sich bei Marlene einklinken und durch sie das Gefühl erzeugen weiterzuleben. Sie manipulierte Marlene, indem sie sie z. B. dazu brachte, Dinge zu kaufen, die die unerlöste Seele erfreuten, aber für Marlene unnütz waren. Der unerlösten Seele war nicht wirklich bewusst, dass sie tot war. Selbst als es ihr von Marlenes Stellvertreterin gesagt wurde, wollte sie noch nicht gehen. Da waren auch eine gewisse Sturheit und ein Nicht-Wahrhaben-Wollen dabei. Als dann jedoch der Engel des Todes kam, merkte die unerlöste Seele, dass es ernst war und sie beugte sich der Autorität. Das könnte darauf hinweisen, dass die unerlöste Seele auch in ihrem Leben gegenüber Autoritäten gehorsam war – zum Glück für Marlene.
Hätte das jetzt nicht so leicht geklappt, hätten wir mit Marlene selbst noch an der Ich-Stärkung gearbeitet (z. B. über Arbeit an Grenzen, Abgrenzung, Nein!-Sagen, Erhöhung der inneren Energie durch Atemübungen etc.).
Allgemein sagen manche spirituellen und schamanischen Quellen, dass es in unserer Zeit sehr viele unerlöste Seelen – gerade in Europa – gibt. Das liegt einerseits an den beiden verheerenden Weltkriegen und andererseits an der mangelnden Sterbebegleitung, die den Transit der Seele in das Reich der Toten nicht unterstützt (im Gegensatz dazu die Anweisungen aus dem Tibetischen Totenbuch zur Reise ins Licht).
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