Schwangere und Familienstellen – eine Gratwanderung

© DNF-Style - Fotolia.com
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Es ist der vierte Tag einer einwöchigen Familienaufstellungsbegegnung zur polnisch-deutsch-jüdischen Versöhnung in Wroclaw (Breslau) in Polen.

Die zweite Aufstellung hat es in sich.

Im Bauch der hochschwangeren Übersetzerin geht im wahrsten Sinne des Wortes der Punk ab – sie muss den Raum verlassen.

Neben mir sitzt zufällig eine andere Schwangere, bei der der Embryo heftig strampelt. Schnell begleite ich sie hinaus und wir reißen ein Fenster auf, damit sie frische Luft bekommt …

Was war hier los?

Ich komme in den Raum zurück, nachdem mir die Schwangere versichert hat, dass es ihr gut geht und sie bis zum Ende der Aufstellung draußen bleibt.

Drinnen stellt sich bald heraus, dass das Familiengeheimnis, um das es ging, eine verleugnete, reuelose Kindsmörderin ist.

Schwere Energien belastend den Raum und der Aufstellungsleiter muss sein ganzes Können und seine langjährige Erfahrung in die Waagschale werfen, um die Aufstellung zu einem guten Ende zu führen.

Alle gehen geschafft und erschöpft in die verfrühte Mittagspause.

Schwangere beim Familienstellen

Es gibt unter einigen eingefleischten Anhängern des Familienstellens die Ansicht, dass, wenn die Frau merkt, dass sie schwanger ist, sie unbedingt noch so viel wie möglich lösen soll, sodass das Kind möglichst unbelastet aufwachsen kann.

© adrenalinapura - Fotolia.com
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Das kann bei einigen Themen durchaus sinnvoll sein.

Aber es können sich auch Themen zeigen, die für die Mutter – und damit auch für das Kind – so belastend sind, dass sie nicht während der Schwangerschaft bearbeitet werden sollten.

Und es gibt auch Themen, die mit der Schwangerschaft gerade erst auf den Tisch kommen, quasi ausgelöst werden:

– Gewolltes – ungewolltes Kind

– (Frühere) Abtreibung(en)

– das Kind ist (schon ersichtlich im Mutterleib) behindert

– Schwangerschaft während Krisenzeiten (Krieg, Not, Krankheit, Unglück etc.)

– Schwangerschaft zur Beziehungsrettung

– Verlassen-Werden wegen/während der Schwangerschaft

– usw.

Es gibt also auch gute Gründe, eine Aufstellung während der Schwangerschaft zu machen.

Grundsätzlich ist eine Aufstellung nicht vorhersehbar.

Es bleibt immer ein Restrisiko vorhanden.

Dessen muss sich jeder schwangere Aufstellende, Stellvertreterin oder sonstige, schwangere Anwesende bewusst sein.

Ganz abraten würde ich Schwangeren von Traumaaufstellungen.

Zwar sind die Embryos sowieso schon im Traumafeld der Mutter und der ganzen Familie (Bindungssystemtrauma, vertiefend dazu in meinem Buch „Familienstellen und Trauma“), aber es ist noch einmal etwas ganz anderes, diese Energien intensiv während der Bearbeitung zu spüren.

Fazit

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Frauen können mit Bedacht während der Schwangerschaft aufstellen, was aber mit einem Restrisiko verbunden.

Grundsätzlich würde ich raten, nur in dringenden Fällen während der Schwangerschaft aufzustellen.

Alles andere kann warten, bis das Baby geboren und die anstrengende Zeit der unterbrochenen Nächte vorbei ist.


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