Inneres Team-Aufstellungen: Wie du deinen ermutigenden Würdiger entwickeln kannst

© luna - Fotolia.com
© luna – Fotolia.com

„Mein Leben ist so anstrengend gerade. Ich komme mir vor wie in einem Hamsterrad. Alles besteht nur noch aus To-do-Listen, die ich abarbeiten muss – und kein Ende in Sicht …“, seufzt Maren.

„Ist das gerade so oder ein Dauerzustand?“

„Es ist immer mal wieder so – nicht dauernd. Manchmal sind die Phasen aber auch ziemlich lang, dass mir echt die Puste ausgeht.“

„Vielleicht ist dann jemand in deinem inneren Team abgetaucht oder nicht mehr zu hören, wenn du in so einer Phase bist …“

Der ermutigende Würdiger

Im Kontext der Inneren-Team-Aufstellungen ist der ermutigende Würdiger eine innere Person, die schon durch Schultz von Thun eingeführt bzw. so genannt wurde. In meinem erweiterten Modell des Inneren Teams ist der ermutigende Würdiger eine innere Seelenperson. Im Gegensatz dazu ist zum Beispiel der innere Antreiber eine Verstandesperson.

Seelenpersonen tragen die Bedürfnisse der Seele an das Oberhaupt heran. Die Stimme ist oft leise und wird oft durch das Getöse der Verstandespersonen überlagert. Im Dreieck des Lebens sind die Seelenpersonen im oberen Bereich zu finden. Hier geht es um Themen wie sein, das ganz eigene So-Sein, Transzendenz, Sinn des Lebens und weitere Themen, die man weder „machen“, noch „haben“ kann.

Maren 0

Abbildung 1: Dreieck des Lebens

Diese beiden Konzepte von machen und haben sind auf der Bodenlinie des Dreiecks des Lebens zu finden. Im Bereich machen auf der linken Seite des Dreiecks sind die aktiven inneren Personen angesiedelt. Hierzu gehört auch unterlassen, also etwas nicht tun.

© Jeanette Dietl - Fotolia.com
© Jeanette Dietl – Fotolia.com

Die rechte Seite des Dreiecks ist durch Haben oder Besitzen geprägt.

Themen sind hier Status quo, Rang, Rolle, Titel, die Besitzende, der materiell Orientierte usw.

Alle inneren Personen an allen Spitzen des Dreiecks haben ihre Berechtigung.

Nur passiert es oft, dass die Vertreter der Bodenlinie (machen/haben) das innere Team dominieren und die Seelenpersonen zu kurz kommen oder gar in Konkurrenz zu ihnen treten.

Marens Aufstellung

Aus Gründen der Vereinfachung lasse ich diesmal den Schritt der Neufindung der Bezeichnungen der inneren Personen weg.

Wir arbeiteten mit Marens Bezeichnungen, ohne die üblichen Schritte der Inneren-Team-Aufstellung

  1. Antipodenfindung: Wer ist der innere Gegenspieler der gefundenen inneren Person?
  2. Würdigender Name: Wie könnte man die innere Person mit einem würdigenden Namen positiv in sein inneres Ensemble integrieren?

Wichtiger war hier, den ermutigender Würdiger gleich einzuführen, nachdem er von Maren in der inneren Teamfindung nicht benannt wurde.

Sie benannte als für diese Phase in ihr dominierende innere Personen: die innere Richterin, die innere Kritikerin, den inneren Antreiber (ja, empfand sie als männlich!) und den inneren Schweinehund (war für sie weiblich, aber sie benutzte den allgemein bekannten Begriff).

Ich fügte noch das Oberhaupt, also die innere Person, die das innere Team moderiert und führt und den ermutigender Würdiger hinzu.

Es ergab sich folgendes Anfangsbild:

Maren 1

Abbildung 2: Anfangsbild

O=Oberhaupt, IR=innere Richterin, IK=innere Kritikerin, IA=innerer Antreiber, IS=innerer Schweinehund, eW=ermutigender Würdiger

Wir sehen, dass das Oberhaupt wie eingekreist von fordernden oder verdammenden inneren Personen ist. Das Oberhaupt schaute etwas schuldbewusst – fast sehnsüchtig – zum inneren Schweinehund.

Der ermutigende Würdiger war von der inneren Kritikerin komplett verdeckt auf der rechten Seite des Oberhaupts.

Der innere Antreiber hatte fast wie einen Fuß in der Tür, wenn das Oberhaupt zum inneren Schweinehund schaute.

Maren 2

Abbildung 3: Zwischenbild, Abkürzungen wie oben

Mit einer vorsichtigen Umgruppierung ging es im nächsten Schritt darum, eine Begegnung mit dem inneren Würdiger zu schaffen.

Vorsichtig deshalb, weil auch keine innere Person von seinem Platz weggezerrt werden, sondern freiwillig einen vielleicht etwas weniger attraktiven Platz einnehmen sollte. Dafür mussten wir bei der inneren Kritikerin doch die Neufindung des Namens durchführen. Mit „die auf Qualität Bedachte“ konnten wir ihr einen Namen geben, der sie würdigte und auch ihre Neugier auf den ermutigenden Würdiger weckte. Sie machte die Sicht frei.

Gerade dann, wenn eine innere Person von außen – wie in diesem Fall von mir der ermutigende Würdiger – vorgeschlagen wurde, braucht es eine gewisse Zeit des Kennenlernens und des Annehmens.

Deswegen bat ich Maren selbst, die Stelle des Oberhaupts einzunehmen, um noch näher am Geschehen und Fühlen zu sein.

L=Leiter der Aufstellung, eW=ermutigender Würdiger, O=Oberhaupt (Maren selbst)

L (zu O): Schau mal hin zum ermutigenden Würdiger [es war eine Stellvertreterin]. Stell dir vielleicht vor, sie hat die Qualitäten einer Oma, die dich einfach so annimmt, wie du bist – dich so sein lässt, wie du bist … Spür da in deinem Tempo hin … Wie geht es dir dabei?

O (nach ein, zwei Minuten): Noch ungewohnt. Ich spüre, dass sie es gut mit mir meint.

L (zu eW): Möchtest du ihr etwas sagen?

eW (zu O): Ich freue mich, dass du jetzt zu mir schaust. Ich habe keine Eile. Du kannst das ganz in deinem Tempo machen.

L (zu O): Wenn du möchtest, kannst du auch langsam zu ihr gehen …

O geht langsam ein paar Schritte auf eW zu, bis sie noch 2m von ihr weg ist.

L (zu O): Was ist gerade bei dir?

O: Jetzt gerade trau ich mich nicht mehr weiter.

L (zu O): OK. Das ist ganz OK so. Darf ich dir ein Experiment vorschlagen?

O: Äh, ja …

L (zu O): Wie wäre es für dich, wenn du kurz zu ihr hingehst und ihr die Hand schüttelst und dann wieder auf den Platz, wo du jetzt stehst, zurückgehst? Willst du das mal probieren?

O tut es. EW lächelt sie dabei ein. O geht nur 1m zurück und steht vor eW.

L (zu O): Wie war das für dich, ihr die Hand zu schütteln?

O: Naja, irgendwie vertraut. Aber auch noch fremd.

L (zu O): OK. Es ist, wie es ist. Könntest du dir vorstellen, dass ich sie für das Endbild hinter dich stelle – wäre das OK für dich?

O: Ja.

Ich gruppiere die Stellvertreter zum Endbild um und stelle noch das Leben hinein.

Maren 3

Abbildung 4: Endbild, L=Leben, andere Abkürzungen wie oben

Mit dem ermutigenden Würdiger im Rücken schaut Marens Oberhaupt jetzt auf das Leben.

L (zu O): Wenn du jetzt auf dein Leben schaust – mit dem ermutigenden Würdiger im Rücken und den anderen rechts und links von dir – was empfindest du da?

O (lässt sich Zeit): Es wird friedlich. Die Anspannung lässt nach.

L (zu eW): Sag ihr mal, dass sie, so wie sie ist, vollkommen in Ordnung ist.

EW sagt es.

L (zu O):Was macht das mit dir, wenn du das hörst?

O: Ich … ich bin gerührt … das hat noch nie jemand zu mir gesagt …

L (zu O):Ja, spür das mal …

O laufen stille Tränen die Wange herunter.

L (zu O):Wenn du magst, kannst du dich an eW anlehnen …

Sie tut es und bleibt längere Zeit angelehnt stehen.

L (zu O):Schau noch mal zum Leben – kannst du sehen, dass es dich anlächelt?

O: Ja …

L (zu O): Nimm das noch einmal alles ganz in dich auf … Dann würde ich es hierbei belassen.

O: Darf ich eW umarmen?

L (zu O):Wenn sie es auch will, gern.

Sie umarmen sich und wir beenden nach einiger Zeit die Aufstellung.

 

Fazit:

© Melpomene - Fotolia.com
© Melpomene – Fotolia.com

Der ermutigende Würdiger ist eine wichtige Seelenperson in unserem inneren Ensemble.

Seine Ermutigung kann manchmal darin liegen, dass er es uns „erlaubt“ so zu sein, wie wir sind. Seine Würdigung kann sein: „Du hast es bis hierher geschafft!“

Auf seine Stimme zu lauschen, fällt nicht so leicht, da die üblichen Verdächtigen der Verstandespersonen wie innerer Kritiker, innerer Antreiber und andere die innere Szenerie lautstark beherrschen.

Trotzdem nimmt es viel Anspannung, wenn wir der Stimme schließlich gewahr werden.

Vadim Zeland schlägt in seinen Büchern („Transsurfing“) vor, im übertragenen Sinne auf das Rauschen der Morgensterne zu achten.

Der Sprecher und Buchautor Veit Lindau („Seelengevögelt“) empfiehlt, jeden Tag einige Zeit in Stille zu verbringen.

Vielleicht hast du auch eine Eingebung bei Sport, Tanz oder Yoga.

In jedem von uns ist ein ermutigender Würdiger angelegt.

Doch bei manchen muss er erst erweckt, entwickelt oder freigelegt werden.

Dazu wünsche ich dir die nötige Geduld und Ausdauer – es lohnt sich!

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert