Wir erreichen gerade bei Simone einen wichtigen Punkt in der Einzelsitzung.
Er wäre am besten zu lösen in einer Aufstellung, aber wäre gleichzeitig wahrscheinlich nur 15 Minuten lang (nichts gegen kurze Aufstellungen – meist ein gutes Zeichen, dass einem die volle Lösungsenergie zur Verfügung steht und der/die Aufstellende bereit und willig für Veränderungen ist).
„Lass uns das Familienbrett dazunehmen!“
„OK, was ist das …?“
„Eine Art Spielbrett mit Figuren, das eine Aufstellung quasi abbilden kann.“
Ich erkläre Simone die unterschiedlichen Figuren und sie stellt sie ihrer Intuition folgend auf …
Das Familienbrett
Ich verwende das Familienbrett in meinen Einzelsitzungen wie oben geschrieben an wichtigen Punkten in der Arbeit, wenn man andere Personen bräuchte.
Das Familienbrett bietet hier einen guten Ansatzpunkt.
Ich verwende ein fertiges Familienbrett „von der Stange“ (hier: auf Amazon).
Eine Kollegin hat sich dagegen ein gebrauchtes Playmobilfiguren-Set gekauft und arbeitet damit. Hier ist der Vorteil, dass der Kopf gedreht werden kann.
Also zum Beispiel ist der Körper zur Mutter orientiert, aber der Kopf wendet sich ängstlich zum Vater.
Auch die Tiervariante von Playmobil (Bauernhof-Set und Wildtiere-/Zoo-Set) kann in der Einzelsetzung in Kombination mit einem Traumdeutungsbuch tiefere Hinweise geben.
Der/die Fragende stellt seine Familiensituation symbolisch mit Tieren auf, zum Beispiel ist der Vater ein Schaf, die Mutter eine Löwin und die Schwester eine Schlange. Dann werden neben der Konstellation in dem Traumdeutungs- oder Symbolbuch die Bedeutungen der Tiere nachgelesen und mit als Interpretationshilfe hinzugezogen.
Die Aufstellung mit einem wie auch immer gearteten Familienbrett ist meiner Einschätzung nach weniger kraftvoll als eine Aufstellung mit Stellvertretern.
Sie ist da aber besonders geeignet, wenn eine Sondierung stattfindet, wie die Situation des Themas schlaglichtartig ist (beziehungsweise die innerpsychische Wirklichkeit).
Wie hier auf dem Foto mit Engel zu sehen ist, kann – wie in einer Aufstellung auch – Vieles mit hineingebracht werden:
Engel, Tiere, symbolische Gegenstände wie eine Schatztruhe usw.
Vorteile eines Familienbretts gegenüber Aufstellungen
– besonders geeignet und gedacht für Einzelsitzungen
– Schamthemen können ohne Fremde angeschaut und bearbeitet werden
– Einzelsitzungen können schlaglichtartig vertieft werden
– gute Vorbereitung für eine „echte“ Aufstellung
Nachteile eines Familienbretts gegenüber Aufstellungen
– es können keine Befragungen der Stellvertreter durchgeführt werden
– insgesamt weniger kraftvoll und dementsprechend weniger Lösungsenergie zur Verfügung
– insbesondere fehlt die Feldenergie, die die sich nicht in Rollen befindlichen Teilnehmer beisteuern
– Selbstbetrug leichter möglich durch vorgefasste Aufstellungskonzepte (Aufstellung aus dem Kopf heraus)
Simones Familienbrettaufstellung
Im Anfangsbild kann man erkennen, dass Simone ihre Kinder wie ein Schutzschild um sich aufbaut. Dies ist keine gesunde Situation.
Eigentlich sollen die Eltern die Kinder schützen und nicht umgekehrt.
Der als Ressource hineingestellte Engel ist eine zusätzliche „Schutzmacht“.
Hier wird schlaglichtartig klar, dass Simone tiefsitzende Ängste hat, die mit einem möglichen Trauma zusammenhängen können.
Die Welt wird als bedrohlich und gefährlich angesehen.
Neben den Kindern sind weitere Schutzschichten in der Arbeit zu erwarten und die Aufstellungsarbeit muss wahrscheinlich zuerst mit einem langsamen Vertrauensaufbau gestartet werden.
Als sie die größte Blockade in ihrem Leben hineinstellt (schwarze Figur), kam in mir sehr stark das Gefühl hoch, dass es sich um einen abgespaltenen Teil von ihr handelt, der wieder reintegriert werden muss.
Dafür sprechen die Nähe zu Simones Figur (Rücken an Rücken), aber auch die unterschiedliche Blickrichtung, die einen Gesamtblick ergeben würde.
Ein Gesamtblick kann ein Symbol für Ganzwerdung und Heilwerdung sein, im Sinne von, wenn der abgespaltene Anteil angenommen und integriert worden ist, kann das Leben aus einer neuen, umfassenderen Perspektive gesehen werden (und somit würde ein Großteil der Ängste auch wegfallen).
Für Simone war die Erkenntnis, dass sie ihre Kinder wie ein Schutzschild benutzt stimmig und Augen öffnend. Sie hatte nie vor, ihre Kinder so zu belasten, tat es aber unbewusst.
Das wirkte für sie wie eine zusätzliche Motivation, die Traumaarbeit der Integration abgespaltener Persönlichkeitsanteile zu beginnen.
Fazit
Richtig angewandt ist das Familienbrett eine wertvolle Unterstützung der Aufstellungsarbeit bei Einzelsitzungen.
Es ersetzt keine „echte“ Aufstellung, kann aber ein Schlaglicht auf die aktuelle Situation bzw. das Anliegen des/der Fragenden werfen.
Übrigens funktionieren auch Aufstellungen mit sich selbst.
Versuche , den Verstand außen vor zu lassen und stelle rein aus der Intuition auf.
Es ist dann hilfreich, eine Nacht darüber zu schlafen und sich das Familienbrett am nächsten Tag unvoreingenommen anhand folgender Fragen „neu“ zu betrachten:
Wo stehe ich im Vergleich zu den anderen (Mittelpunkt, außen, eng bei der Mutter usw.)?
Gibt es eine Lücke oder eine große Freistelle auf dem Brett? Wer oder was könnte da fehlen?
Wer steht isoliert, wer steht integriert?
Wie sind Abstand/Distanz und Nähe zwischen den einzelnen aufgestellten Figuren? Sieht das anders aus, als es im realen Leben sich darstellt? Warum …?
Gibt es eine bessere Position für mich auf dem Brett? Was hindert mich daran, dort zu stehen?
Die Fragen brauchen keine sofortige Antwort hervorzurufen. Es ist sogar besser, sie vorerst unbeantwortet wirken zu lassen.
Später kannst du dir dann Notizen, Gedanken, Assoziationen etc. in ein Tage- oder Notizbuch schreiben.
Gute Erkenntnisse beim Ausprobieren!
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