„Er war ein echter Arsch! Ich war froh, als ich endlich von ihm loskam!“
„Kam dann dein Mann direkt danach, Carmen?“
„Nein. Da war noch Harald dazwischen – auch ein Griff ins Klo …“
„Ok, ich merke schon, um was es hier geht …“
Frühere Partner beim Familienstellen
Frühere Partner, egal ob verheiratet, verlobt oder nur „Lebensabschnittsbegleiter“ sind durch eine Bindung an eine Person gebunden. Ob es dabei zu Sex gekommen sein muss, ist umstritten. Hellinger sieht den „Vollzug“ als Voraussetzung, damit die Bindung zustande kommen kann. Infolgedessen wäre eine „platonische“ Liebe nicht „bindend“. Dazu gibt es aber auch andere Meinungen.
Frühere Partner sind Teil des Gegenwartssystems eines Paares und haben ein Recht auf Zugehörigkeit im systemischen Kontext, was auch immer sie getan haben. Sie zu verleugnen, verschweigen oder schlecht zu machen, kann schwerwiegende Folgen – v.a. für die Kinder eines Paares (mehr dazu weiter unten) – haben.
Ein Teil der Beziehungsprobleme bei Paaren lässt sich auf unangemessenes Verhalten gegenüber den Expartnern zurückführen. Schlecht machen oder missachten der früheren Partner, kann zum Beispiel eine unbewusste, geheime Solidarität des neuen Partners mit seinem Vorgänger verursachen, was dazu führen kann, dass die Beziehung aus scheinbar denselben Gründen endet, wie die vorige.
Andersherum kann sich der neue Partner als der bessere, reifere, klügere etc. sehen und den Expartner so herabwürdigen. Dies torpediert die neue Beziehung im Untergrund.
Wenn auch noch der neue Partner scheinbar der Grund dafür war, dass die vorherige Beziehung auseinanderging, kann er sich seelisch schuldig fühlen und sich unbewusst selbst bestrafen.
Als Sühne sorgt er unbewusst dafür, dass die Beziehung scheitern muss.
Der einzig gesunde Umgang mit einer vorherigen Beziehung ist, dass beide Partner ihre jeweiligen Expartner würdigen und sich dessen bewusst sind, dass ihr Glück auf dem Scheitern (dem Unglück) der vorherigen Beziehung beruht.
Das erfordert Demut und Respekt.
Wenn diese aber gezollt werden, kann die neue Beziehung unbelastet gedeihen und wachsen.
Zeit spielt übrigens dabei keine Rolle. Egal ob die frühere Beziehung vor 5 oder 25 Jahren zu Ende ging, wirkt sie in das Gegenwartssystem hinein.
Kinder und frühere Partner
Liegt eine Missachtung eines Expartners vor, kann es dazu kommen, dass ein Kind mit ihm verstrickt wird.
Hierbei wirkt das Gesetz des Ausgleichs.
Eine Tochter ist zum Beispiel mit der Expartnerin des Vaters identifiziert.
Durch diese Identifikation fühlt es all die Gefühle dieser Expartnerin, wie beispielsweise Trauer, Rachegefühle oder unerfüllte Liebe, so, als ob es ihre eigenen wären.
Als Konsequenz kann die Tochter damit in eine Position der Rivalin zu ihrer Mutter kommen und die Mutter-Tochter-Beziehung wird empfindlich gestört.
Oder sie kann ihrem Vater aus für sie nicht nachvollziehbaren Gründen die Hölle heißmachen.
In den meisten Fällen müssen die Eltern den Kindern aus dieser Verstrickung hinaushelfen (sofern sie unter 14 Jahren sind).
Das geschieht dann in einer Aufstellung mit lösenden Sätzen.
Hierbei verläuft die Auflösung der Verstrickung über mehrere Stufen:
Als Beispiel sei die Tochter mit der Expartnerin ihres Vaters verstrickt (identifiziert):
Tochter wird durch Stellvertreterin repräsentiert.
- Sich als getrennt von der Expartnerin wahrnehmen
Mutter zur Tochter: „Du bist meine Tochter.“
Vater zur Tochter: „Du bist meine Tochter. Mit meiner Ex hast du nichts zu tun.“
Tochter zur Ex: „Das sind meine Eltern. Ich heiße …“
- Abgrenzung zur Ex
Tochter zur Ex: „Ich habe mit dir nichts zu tun. Ich gehe jetzt zu meinen Eltern.“
- Würdigung
Vater zur Ex: „Ich achte dich als meine frühere Partnerin. Bitte schau freundlich auf uns.“
Mutter zur Ex: „„Ich achte dich als frühere Partnerin meines Mannes. Bitte schau freundlich auf uns.“
Tochter zur Ex: „Durch dein Unglück kamen meine Eltern erst zusammen. Ich achte dein Schicksal. Bitte schau freundlich auf mich.“
- Wiedervereinigung mit Mutter (z. B. nach Rivalität)/Herstellung der Ordnung
Tochter zur Mutter: „Mama, ich bin nur dein Kind. Du bist die einzig Richtige für mich. Ich bin die Kleine und die die Große.“
Mutter zur Tochter: „Du bist meine Tochter. Ich bin die Große und du die Kleine.“
Vater zur Tochter: „Du bist meine Tochter. Ich bin der Große und du die Kleine.“
In diesem Beispiel wurde die Tochter durch die Identifizierung mit der Expartnerin ihres Vaters „groß“ und war auf derselben Stufe wie ihre Eltern, was für ein Kind psychisch ungesund ist (Verlust der Eltern in ihrer Elternrolle). Dadurch wurde sie auch zur Rivalin ihrer Mutter, sodass die für die gesunde Entwicklung notwendige weibliche Kraft nicht von der Mutter zur Tochter fließen kann.
Carmens Aufstellung
Bei Carmen musste ich erst einmal daran arbeiten, dass sie nach den negativen Erfahrungen mit ihren Expartnern zu ihnen einen gesunden Abstand bekam.
Dazu mussten wir mit zweien ein Trennungsritual nachholen.
In diesem konnte sie dann auch die beiden als Menschen und frühere Partner würdigen.
Auch ihr Mann tat das über einen Stellvertreter.
Solange noch viel Verurteilung in Carmen gegenüber ihren Expartnern war, war sie immer noch unbewusst an beide gebunden.
Jetzt konnte sie auch für ihren achtjährigen Sohn die Verstrickung lösen, der mit einem der beiden Expartner identifiziert war.
Was sie als „starke, vorpubertäre Probleme“ bezeichnete, war in Wirklichkeit die Verstrickung mit ihrem Ex Dirk.
Fazit:
Frühere Partner zu würdigen, ist wichtig für eine gesunde, neue Beziehung und als Elternteil.
Das heißt nicht, dass man alles gutheißen muss, was diese eventuell getan haben.
Hier gilt aber ebenfalls der von Hellinger überlieferte Spruch aus der Täterbetrachtung: „Verurteile die Tat, aber nicht den Täter.“
Wir sind alle Menschen und mehr oder minder in die Schicksale unserer Familiensysteme verstrickt.
Einander weniger zu verurteilen, kann den Weg ebnen für Veränderung und wahrem Menschsein.
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