Was in Aufstellungen und zuhause dein Selbstwertgefühl stärkt

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Nadjas Stellvertreterin steht in einer Berufsaufstellung vor ihrem Traumjob – und ist wie paralysiert.

Der Stellvertreter des Traumjobs lächelt sie aufmunternd an.

Nadjas Stellvertreterin schaut verschämt auf den Boden und weicht langsam einen halben Schritt zurück.

Ich wende mich der Klientin Nadja zu: „Kennst du das, dass du fast am Ziel deiner Träume bist und du wie zurückschreckst?“

„Ja … nur zu gut …“

„Darf ich etwas ausprobieren, was dir vielleicht helfen könnte?“

„Ja, gern.“

Ich hole ein rundes Stück Karton von einem halben Meter Durchmesser aus meiner Tasche. „Bitte stelle beide Füße hier drauf.“

Nadja tut es. Es passiert nichts.

Doch plötzlich richtet sich ihre Stellvertreterin in der Aufstellung ganz auf, hebt den Blick und geht auf den Traumjob zu und umarmt ihn lächelnd.

Was war hier los?

Auf die fragenden Blicke zu mir, reagiere ich nicht und bitte Nadja, den Platz ihrer Stellvertreterin einzunehmen.

Als sie dann die Arme um den Traumjob legen soll, wie es ihre Stellvertreterin zuletzt getan hat, zögert sie und weicht dem Blick aus.

Ich komme mit dem Karton und bitte sie, sich daraufzustellen.

 

L=Leiter, N=Nadja, TJ=Traumjob

L: „Nadja, schließe bitte einmal die Augen und spüre in deine Füße, spüre hin zum Karton auf dem du stehst.“

Nadja schließt die Augen.

L: „Lass dir Zeit. Suche nicht nach Erklärungen, sondern spüre einfach, was da eventuell in dir hochkommt.“

N: „Mmmh … es fühlt sich angenehm an, so als würden meine Fußsohlen ganz leicht gestreichelt …“

L: „Lass die Augen noch geschlossen. Als du eben vor dem Traumjob standest und ihn umarmen solltest, wie hast du dich dabei gefühlt?

N: „Unsicher, er kam mir so groß vor und ich so klein … so, als habe ich ihn gar nicht verdient…“

Sie schluckt und senkt den Kopf noch mehr.

L: „Schämst du dich gerade?“

N: „Ja. Ich bin es nicht wert, diesen Job zu bekommen.“

L: „Spüre jetzt nochmals hin zu deinen Fußsohlen – spürst du sie?“

N: „Ja!“

L: „Ist es wieder angenehm?“

N: „Ja …“

L: „Versuche jetzt mal die Augen zu öffnen, aber mit deinen Fußsohlen verbunden zu bleiben – geht das?“

N: „Mmmh … ja.“

L: „Gut. Hebe jetzt ganz langsam den Kopf hin zum Traumjob. Sobald du deine Fußsohlen nicht mehr spürst, schließe kurz die Augen, bis du sie wieder spürst.“

Nadja schließt drei Mal kurz die Augen, bis sie nach einiger Zeit dem Traumjob in die Augen schauen kann.

L (zum TJ): Sag ihr mal, dass du ihr Traumjob bist, der nur für sie da ist und nur auf sie wartet!“

Er sagt es.

L (zu N): Wie fühlt sich das an, wenn der Traumjob dir das sagt? Bleib dabei mit dem Karton verbunden, wenn du dem Gefühl nachspürst.“

N: „Es fühlt sich gut an. Und ich glaube es ihm jetzt auch, dass es für mich ist.“

L: „Kannst du mit dem Karton zusammen näher zum Traumjob ‚rutschen‘?“

Nadja macht es.

L: „Suche mal eine Stelle am Traumjob, die du gern berühren möchtest – innerhalb unserer Spielregeln natürlich. Hast du eine Stelle gefunden?“

N: „Ja, seine linke Brust.“

L: „OK, berühre sie jetzt vorsichtig und versuche sie ‚greifbar‘ zu machen. Probiere einfach so lange, bis du sie mit Ton oder Knetmasse nachbilden könntest.“

Nadja streichelt erst ganz zart, klopft dann mit den Fingerspitzen und legt schließlich die ganze Hand auf die Brust des Stellvertreters des Traumjobs.

L: „Wenn du jetzt noch einen Impuls hast, kannst du dem in den nächsten fünf Minuten folgen. Ansonsten beenden wir hier die Aufstellung.“

Nadja probiert noch die linke Hand aus, aber es passiert nichts weiter.

Wir beenden die Aufstellung.

 

Ich bitte Nadja, neben mir Platz zu nehmen.

Den Karton habe ich bei mir.

Als ich ihn umdrehe und ihr zeige, hat sie Tränen in den Augen.

Ich zeige ihn der Gruppe.

Innerhalb eines großen, roten Herzens steht darin „Selbstliebe = Selbstwert + Selbstachtung“.

Nadjas Anliegen war, dass sie unglücklich in ihrem derzeitigen Job als Bankangestellte war und sich verändern wollte.

Trotz vieler Bemühungen scheiterten ihre bisherigen Versuche.

Natürlich habe auch ich keine hellseherischen Fähigkeiten. Wir hatten ein einstündiges Vorgespräch drei Tage vor der Aufstellung gehabt, in dem wir die Ausgangslage geklärt hatten. Schon da war mir ihr schwaches Selbstwertgefühl aufgefallen, dass sie aber bei vorsichtigem Nachfragen nicht anerkannte.

Deshalb entschied ich mich, es ihr in der Aufstellung ganz plastisch vorzuführen und sie da hinspüren zu lassen – und zwar wie es sich mit Selbstwertgefühl anfühlt.

Dies kann zu einer sofortigen oder allmählichen tief-greifenden Veränderung führen.

Bei Nadja ist es ein allmählicher Prozess. Ihre Stellvertreterin hingegen war da schon weiter und konnte es sofort annehmen.

Wenn wir das jetzt einmal von der Warte der Seele interpretieren, hat die Stellvertreterin den Veränderungswillen der Seele repräsentiert, dem der ‚Rest‘ erst allmählich folgen kann.

Das passiert öfter und wir sollten Geduld mit uns haben und Veränderungsprozesse in unserem Tempo angehen, ohne mit Vermeidungsstrategien vom Weg abzukommen.

Auch wenn der beschriftete Karton wie eine Ressource wirkte, ist es hier keine, sondern ‚das, was es noch braucht, um zu gelingen‘ oder ‚das, was noch fehlt‘.

Es ist das Verbindungsstück zur Realisierung eines Zieles.

 

Andere Maßnahmen zur Stärkung der Selbstliebe und des Selbstwertgefühls

  1. Wie im obigen Beispiel kannst du einen Karton, ein Blatt Papier, ein Seidentuch etc. mit den Worten Selbstliebe, Selbstwert oder Selbstachtung beschriften (ab jetzt ‚SSS‘) und dich draufstellen und hinspüren – am besten barfuß.
  2. Du kannst SSS auch eine Zeit lang in oder unter deine Schuhe schreiben.
  3. Robert Betz hat eine interessante Übung in seinem Vortrag „Mich selbst lieben lernen“ vorgeschlagen: schaue morgens (oder mehrmals am Tag) in den Spiegel und sage dir mindestens 2 Minuten lang „Ich liebe dich!“ Am Anfang kommst du dir dabei vielleicht komisch vor, aber nach einiger Zeit fühlst du dich damit richtig wohl.
  4. © 77SG - Fotolia.com
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    Du kannst auch ein Armband oder T-Shirt tragen, worauf „Ich liebe mich“ steht.

  5. Höre Lieder, die dein Ich stärken wie

„True Colors“ von Cyndi Lauper

„Mein Ding“ von Udo Lindenberg

„My Way“ von Frank Sinatra

  1. Versuche jeden Tag authentischer und mehr du selbst zu sein. Das wird nicht jedem gefallen, mit dem du zu tun hast, aber was nützt dir der Umgang mit Menschen, die dich nicht so haben wollen, wie du bist.

Beginne vielleicht erst einmal im privaten Bereich und dehne dein Feld immer weiter aus.

 

Dies kann nur eine kleine Liste mit Anregungen sein. In den entsprechenden Ratgebern zu Selbstliebe (z.B. „Heirate dich selbst“ von Veit Lindau) und zur Steigerung des Selbstwertgefühls wirst du noch viel mehr Ratschläge zur Thematik finden.

Ist gerade heute nicht ein guter Tag, sich selbst zu lieben?


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